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Tutorial: Bauanleitungen erstellen

Nach den ersten Publikationen zu den Bauanleitungen Sparschwein und Little Tux habe ich viele E-Mails mit Fragen bezüglich der Herstellung und des Verkaufs der Bauanleitungen bekommen. Für das viele Lob noch einmal herzlichen Dank. Und um nicht alle E-Mails einzeln zu beantworten, gibt es hier ein Tutorial zum Thema. Fast alle in diesem Tutorial angesprochene Software-Produkte finden Sie im Bereich Links im Teilbereich Software. Außerdem gibt es viele weiterführende Informationen zu eben diesen Software-Produkten in dem Buch "Virtual LEGO – the official LDraw.org guide to LDraw tools for Windows" von Tim Courtney, Steve Bliss und Ahui Herrera. Eine Beschreibung dieses Buches sowie das Inhaltsverzeichnis findet man zusammengefasst von Sven Moritz Hein auf der Webseite von Holger Matthes.

Warum überhaupt Bauanleitungen?

Die Gründe, warum ich überhaupt Bauanleitungen erstelle, sind eigentlich zwei ganz einfache: Neben der Tatsache, dass mich die verschiedenen Software-Produkte einfach gereizt haben, ist es das größte Lob was ich bekommen kann, wenn andere Lego Fans und vor allem Kinder die eigenen Modelle begeistert nachbauen. Besonders freue ich mich dann über Fotos eben davon. Einige davon können Sie hier sehen:

Digital bauen mit MLCad

Zuerst einmal brauche ich eine digitale Version des MOCs. Dazu verwende ich MLCad. Um Fehler beim digitalen Bauen zu vermeiden, hat sich es bewährt, die Skulptur parallel noch einmal aus Lego Steinen zu bauen und jede einzelne Steinschicht in MLCad zu übertragen. Zur besseren Ansicht während des Bauprozesses kann man das Tool LDview einsetzen.

Da ich fast nur Skulpturen baue, komme ich mit den herkömmlichen Bauanleitungsbildern mit einer Sicht von schräg oben auf das Modell nicht allzu weit. Mit LPub lassen sich zwar auch Bauanleitungsbilder in der direkten Draufsicht rendern, doch durch den Fotorealismus gehen oft die Konturen der einzelnen Steine (gerade bei hellen Farben) verloren. Daher nutze ich die "Save Image(s)"-Funktion von MLCad, um solche Bilder zu erstellen. Diese sind zwar von der Komplexität her viel schlichter, zeigen aber meiner Meinung nach die Steine in den einzelnen Schichten von der Kontur besser an. Um die Draufsicht zu erhalten, muss ganz am Anfang der MLCad-Datei ein Rotationsschritt mit einer Drehung von 90 Grad um die x-Achse eingefügt werden.

Die Bilder, die nun in der Draufsicht erstellt werden, zeigen allerdings in jeder Schicht auch alle Steine der darunter liegenden Schichten. Dies ist zum Teil sehr störend. Stellen Sie sich die einzelnen horizontalen Schichten einer Kugel vor. Sobald man die Mitte überschritten hat, werden die einzelnen Schichten kontinuierlich kleiner. In der Draufsicht allerdings nicht, denn man sieht immer den vollen Durchmesser der breitesten Schicht.

Um die störenden Schichten zu entfernen, bediene ich mich eines kleinen Tricks: Aus dem ursprünglichen MLCad-Modell erstelle ich so viele Kopien, wie es Schichten besitzt, und nummeriere diese durch. Aus den neuen MLCad-Dateien lösche ich dann alle Schichten, bis auf diese, von der ich ein Bild in der Draufsicht benötige, und die direkt darunter liegende Schicht. Die Steine der direkt darunter liegenden Schicht färbe ich mit einer im Modell nicht vorkommenden Farbe ein (in der Regel hellgrau). Sie erleichtern dem Benutzer der Bauanleitung später die Orientierung, denn sie zeigen ja eine Schicht an, die bereits gebaut wurde. Mit einem Bild in der Draufsicht jeder MLCad-Datei ist der erste Schritt in Richtung Bauanleitung bewältigt.

Teilelisten, Submodels und Ebenenschnitte mit LPub

Was jetzt noch an Bildern fehlt, sind die Submodels (sofern vorhanden) und die Teilelisten einmal für die gesamte Skulptur und natürlich auch für jeden Teilschritt. Die Teilelisten kann man recht bequem mit LPub erstellen. Wie das geht, steht sehr ausführlich in oben genanntem Buch beschrieben. Deshalb verzichte ich hier auf nähere Ausführungen. Da die Submodels normalerweise nur sehr klein sind, brauchen wir hier keine Draufsicht. Die Submodels können also in einer Sicht von schräg oben ganz normal mit LPub erstellt werden. Die Funktionsweise von LPub ist ebenfalls im Buch erklärt, wobei LPub aber auch fast selbsterklärend verwendet werden kann.

Rendering mit L3P, L3PAO und POVRay

Neben den Draufsichtbildern jeder Ebene sind nun auch die Teilelisten, Bilder der Submodels und die Bilder der einzelnen Schritte in Schrägsicht erstellt. Es fehlt eigentlich nur noch ein Deckblatt für die Bauanleitung und, sofern gewünscht, ein Bild für die Rückseite. Ich habe es mir angewöhnt, auf dem Titelblatt ein fotorealistisch gerendertes Bild der Skulptur und auf der Rückseite eine eher schematische Darstellung der Skulptur abzubilden. Diese schematische Darstellung erleichtert dem Benutzer die Fehlerkontrolle nach dem Bauprozess. Beide Bilder werden mit Hilfe von L3PAO erstellt, welches eine grafische Benutzeroberfläche für das eigentliche Tool L3P ist. Hier kann man mit sehr geringem Aufwand die MLCad-Datei laden, einige Einstellungen vornehmen, und sodann konvertiert L3P das Modell in eine POVRay-Datei und startet eben diese Rendering Software vollautomatisch.

Für die schematische Darstellung wähle ich einen recht großen Steinzwischenraum (Seam Width) sowie einen weißen Hintergrund und einen weißen Boden. Die restlichen Einstellungen können in der Regel so übernommen werden, wie die Software sie vorgibt.

Für das Titelbild lasse ich einfach eine POVRay-Datei mit den Standardeinstellungen erstellen. Dann öffne ich die neue Datei in POVRay und nehme meine Änderungen, wie Lichtquelle, Kameraeinstellungen, Qualität, Radiosity, Hintergrund, etc. direkt am Quellcode vor. Der Code für POVRay ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber man findet sehr viele auch deutsche Tutorials hierzu im Internet. Ich persönlich hatte das Glück, in einem Universitätskommilitonen von mir einen Experten im Rendering von fotorealistischen Bildern mit POVRay zu finden. Dieser hat mir einige Handgriffe gezeigt, mit denen ich schnell schon ganz brauchbar in POVRay arbeiten konnte. Mit dem Lesen weiterer Tutorials und dem Rendern vieler eigener Testbilder kam ich dann schnell zu immer besseren Ergebnissen.

Bildbearbeitung und Desktop-Publishing

Mit den beiden Bildern für Titelblatt und Rückseite der Bauanleitung ist das Bildmaterial jetzt komplett. Nun muss daraus nur noch eine gute Anleitung erstellt werden. Dieser Vorgang wird als Setzen bezeichnet und wird mit einer so genannten Desktop-Publishing-Software (DTP) vorgenommen. Die meisten DTP-Produkte arbeiten im CMYK-Farbraum. Daher müssen die im RGB-Farbraum vorliegenden Bilder zuerst in den CMYK Farbraum konvertiert werden. Diese Konvertierung kann mit den meisten Bildbearbeitungstools (wie z.B. Adobe Photoshop) vorgenommen werden. Man findet auch gute kostenlose Tools (wie z.B. Gimp) im Internet.

Beim Setzen der Bauanleitung habe ich mich ein klein wenig an den originalen Bauanleitungen von Lego orientiert. Nach dem Titelbild kommt ein kleiner rechtlicher Hinweis. Danach die Gesamtteileliste und anschließend werden alle Submodelle abgebildet, die für den weiteren Bauprozess gebraucht werden. Danach kommen die einzelnen Schritte, jeder durch eine große Nummer gekennzeichnet. Außerdem enthält jeder Schritt natürlich eine Teileliste und das eigentliche Bild in Draufsicht und evtl. noch ein zusätzliches Bild in Schrägsicht zur besseren Orientierung. Ganz am Ende kommt dann noch die oben erwähnte schematische Darstellung des gesamten Modells. Wie die einzelnen Bilder angeordnet werden, bleibt natürlich jedem selbst überlassen.

Print- oder Online-Bauanleitung?

Immer wieder werde ich gefragt, ob ich meine Bauanleitungen kostenlos online veröffentliche, und die einfache Antwort darauf lautet: "Nein". Dies hat einen ganz einfachen Grund: Im Internet veröffentliche Bauanleitungen werden nur allzu schnell und ebenso leicht kopiert, massenhaft in schlechter Qualität gedruckt und über verschiedenste Distributionswege (z.B. Online-Auktionshäuser) verkauft. Ich finde es wirklich toll, wenn jemand meine Skulpturen nachbaut, aber ich habe strikt etwas dagegen, wenn jemand versucht, mit meiner Kreativität Geld zu verdienen. Daher versuche ich, die Gelegenheiten zum Mißbrauch so weit wie möglich zu unterbinden. Des Weiteren lege ich persönlich einen gewissen Wert auf Stil und Qualität.

Druck und Heftung

Beide Bauanleitungen werden fast ausschließlich im professionellen Farbdigitaldruck produziert. Als Papier wird meist hochklassiges Papier verwendet. Viele Bauanleitungen wurden z.B. auf einem Papier von Mondi gedruckt. Es ist 100g/m2 schwer und gehört zur Klasse IQ Selection smooth. Das Papier hat eine sehr angenehme mehrfach gestrichene weiße Oberfläche. Des Weiteren besitzt das Papier gute Laufeigenschaften und eine sehr hohe Opazität. Dadurch kann es beidseitig in Farbe bedruckt werden, ohne dass man den Druck durch das Papier auf die andere Seite durchscheinen sieht.

Nach dem Druck müssen die Blätter natürlich noch gebunden bzw. geheftet werden. In jedem Fall sollte die Bauanleitung offen aufklappbar sein, ohne dass man sie knicken muss. Somit scheidet eine Leimbindung von vorneherein aus. Für die Bauanleitung des Little Tux habe ich mich aufgrund des DIN A4 Formats und der hohen Seitenzahl (48 Seiten) für eine Plastikspiralbindung entschieden. Diese kostet inklusive Zubehör (transparentes Deckblatt, stabiles Rückblatt, Spiralbinder) beim Buchbinder meines Vertrauens fast 4,00 Euro, was natürlich viel zu teuer ist. Deshalb habe ich mir eine eigene Bindemaschine zugelegt. Diese war zwar in ihren Anschaffungskosten immer noch sehr teuer, aber ich nutze sie mittlerweile auch in anderen Bereichen und somit hat sich der Kauf gelohnt. Spiralbinder, transparente Deckblätter und Rückblätter aus stabiler Elefantenhaut bekommt man recht günstig z.B. bei Staples.

Die Bauanleitung des Sparschweins besteht aus 16 Seiten und ich habe diese im Format DIN A5 gefertigt. Eine Plastikspiralbindung wäre dafür übertrieben. Deshalb habe ich die Heftung mittels Tackernadeln gewählt. Ich habe mir dafür einen sehr guten Langarm-Hefter von Novus zugelegt. Den Harmony Novus B 17. Dies ist der teuerste Hefter, den ich je gekauft habe, aber es hat sich wirklich gelohnt. Der Hefter ist sehr stabil, leicht bedienbar und kann Blätter bis zu einer Tiefe von 30 cm aufnehmen sowie bis zu 40 Seiten auf einmal heften. An Hefternadeln kann man das Gerät mit fast allen Standardgrößen bestücken.

Letzte Änderung am 29.11.2009 - Copyright 2000-2021 - Tobias Reichling

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